Das
Team Warum Rudern
Wieso zusammen
Gästebuch |
Für alle großen und
kleinen Bruchpiloten auf dieser Welt,
die sich auch schon einmal gefragt haben, was sie hätten anders machen sollen, außer: gar nicht zu fahren... als sie
sich hinterher den Vorwürfen der Besserwisser ausgesetzt sahen,
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Über
sieben Brücken musst
du gehen... ...
so lautete bereits am ersten Tag das Motto der Survival - Tour „Oberer
Main“ im April 2002. Ein
bisschen klar musste den Teilnehmern schon sein, was sie da erwartete,
denn Hans-Hermann hatte „nur für erfahrene Ruderer“ unter die
Ausschreibung gesetzt, aber so richtig klar war es ihnen dann doch nicht. Als Iris auf die immer wiederkehrende Frage, ob man „Nauti“ (das meist geliebte – nicht nur Holland – erfahrene Holzboot) oder „Harry“ (unzerkratzter Kunststoff, Lenzklappen, dafür keine Erfahrung und mit extrem unbequemen Sitzen ausgestattet) für die 10 Tage später anstehende Elfstedentocht benutzen sollte, antwortete „Wir werden das Boot nehmen, das nach der Mainwanderfahrt noch heil ist“, fanden das jedenfalls alle sehr witzig. Die
erste Etappe führte bei trockenen, aber kühlen 15 Grad von Mainleus (bei
Kulmbach) nach Lichtenfels. Zwei
Minuten vor der Abfahrt drückte Hans – Hermann Iris ein ca. 30seitiges
Druckwerk in die Hand. „Das ist ein Bericht, von denen, die den oberen
Main schon einmal geschafft haben ... ich hab´s ein bisschen
ausformuliert, damit man es versteht.“ Okay, gewisse Informationen über ein Revier besorgte man sich ja immer, aber ein Beipackzettel diesen Ausmaßes war Iris noch nicht untergekommen. Alles potenziell Gefährliche war rot gedruckt und mit 2 bis 5 Ausrufungszeichen versehen. Auf den ersten Seiten etwa ein Viertel des Textes. Sie fragte sich beim ersten skeptischen Blick auf die Aneinanderreihung von Ein - bis Zwei – Wort – Sätzen (enge Brücke, Pfeiler !!!- - bei Niedrigwasser aussteigen – 424: Schwallstrecke, re. Versteinerungen), wie es wohl vor der redaktionellen Bearbeitung ausgesehen haben musste und was sie sich unter „150m Frühcafe“ vorzustellen hätte. „Du
und ich werden wohl permanent steuern müssen, ich wüsste nicht, wer sich
das sonst zutrauen würde.“ Na
schön, es ging los und erwies sich als längst nicht so dramatisch, wie
das Papier suggeriert hatte, und als landschaftlich ausgesprochen
reizvoll. Die Stimmung war also exzellent, was nicht nur an den Tonnen von
sauren Apfelringen lag, die natürlich (!) an Bord waren. Hans
Hermann, Gudrun und Lutz fuhren mit Harry voraus und erkundeten die Lage,
und Iris, Bernd und Stefi folgten in Nauti. Über die sieben Brücken (=
Wehre) zu gelangen, war abenteuerlich und angesichts der diversen
Dornenhecken und Brennnesselfelder auch meistens ein bisschen schmerzhaft,
aber gut zu schaffen, da alle 6 stets beieinander blieben und gemeinsam
die Boote über Stock und Stein schleppten und vorsichtig wieder ins
Wasser setzten. Das Umtragen wurde von Mal zu Mal souveräner und
schneller, auch wenn sich immer neue Herausforderungen stellten. Was
tut man zum Beispiel, wenn an der vorgesehenen Umtragestelle (rechts) ein
Nagel - besetzter Balken den Weg versperrt ? Hätte
der nette Herr nicht irgendwann nachgegeben, der dem Fahrtleiter etwa
hundertmal versicherte, in den dreißig Jahren, die er an diesem Wehr
(links) wohne, hätte sich noch nie jemand erdreistet, durch seinen Garten
zu spazieren und soooo ein großes Boot über seinen 1,60 Meter hohen Zaun
zu heben, man würde sich
wahrscheinlich heute noch anschreien. Auch wenn theoretisch klar war, dass man, wenn es zu flach wurde, rasch aus dem Boot springen musste, kostete das angesichts der Wassertemperatur von 12 Grad Zeit und Überwindung. Das
Kommando „Ich denke, ihr werdet wohl doch aussteigen müssen ... jetzt
!“, erwies sich, selbst als das Boot schon 5 Minuten über den Grund
schabte, als nicht präzise genug. Bernd
und Iris vereinbarten daher nach einem theoretisch Exkurs über
sprachreduzierte Systeme, dass in Zukunft das eindeutig dringliche
Kommando „Scheiße – raus !“ lauten sollte. Zunächst
einmal galt es aber, diverse Engstellen, Slalom- und „Schwall-“
strecken (andernorts auch Stromschnellen genannt) zu überwinden. Als ankündigender
Shortcut wurde hier das Kommando „Weiterrudern, egal was passiert“
festgelegt. In
diesen Situationen erwies es sich als nicht so angenehm, ein
vorausfahrendes Boot im Blick zu haben: Iris:
„Seid froh, daß ihr verkehrt ´rum sitzt und das nicht seht.“ Bernd:
„Nutzt nix. Das Entsetzen spiegelt sich in deinem Gesicht." Dabei
tauchte zu dieser Zeit Harry immer noch aus allen Wellentälern wieder
auf. Schließlich
erreichte man wenige Minuten vor Einbruch der Dunkelheit unversehrt den
Paddel- und Segelverein Coburg - Schney. Zwei
Grundbedürfnisse galt es noch zu befriedigen: Essen – die Uhrzeit
gestattete nur noch einen kurzen Abstecher zu Mc Donalds - und Schlafen. Auf
Bernds Frage am nächsten Tag, ob man wieder vorsichtshalber ein Auto auf
halber Strecke abstellen wolle, erklärte Hans - Hermann, das sei nun
nicht mehr nötig, alles Schwierige sei überstanden. Gleich
am nächsten Wehr wurde das Team eines besseren belehrt. Es gab noch
weniger Anlegemöglichkeiten als zuvor, der Fußmarsch bis zum Unterwasser
war noch länger und der Main dort noch reißender und steindurchsetzter
als zuvor. Und nebenbei regnete es junge Hunde. Hans
– Hermann hatte sich auch in einem anderen Punkt geirrt: Es traute sich
sehr wohl noch jemand zu steuern: Gudrun übernahm die verantwortungsvolle
Aufgabe, zwischen Pfeilern (!!!), Steinen (!!!!) und herabhängenden Ästen
hindurch den richtigen Kurs zu finden und löste die Aufgabe mit Bravour Beim
letzten geplanten Umtragemanöver dieser Tour wurden gymnastische Übungen
und die hervorlugende Sonne (ein Kausalzusammenhang wurde postuliert, war
aber im Verlauf nicht reproduzierbar) dringend benötigt, um die halb
erfrorenen Steuerleute wieder aufzutauen. Trotzdem kam man ohne drei
Schichten Wäsche unter der Regenkleidung nicht aus, was allerdings
unerheblich war, solange man sich über Wasser befand. Und
noch war man es ja. Von
den noch angekündigten 15 Stromschnellen absolvierten die Ruderer noch
zwei, dann war der Main zu Ende, und davon stand nichts in der
Gebrauchsanweisung. Wie
man das Problem löste, steht detailliert im Versicherungsbericht. Fazit
bleibt, dass der Umweg über ein Baggerloch mit einer Strömung von nahezu
20 km/h kompromisslos und direkt in einen Baum führte. Harry donnerte
zuerst hinein, und während sich seine Insassen noch halbwegs trocken
durchs Geäst retten konnten, bretterte Nauti – bedingt durch den
beherzten Versuch, das Schicksal noch abzuwenden – 3 Meter weiter flussabwärts
direkt in einen dicken Ast, der ihn durchbohrte. Alles
ging so schnell, dass das vereinbarte Kommando schon bei „Scheiße“
abgebrochen werden musste, danach gab es kein innen oder außen mehr. Leute,
die behaupten, man würde nicht zum Denken kommen, wenn man von der
eiskalten Strömung unter ein gekentertes Boot gedrückt wird, sagen nicht
die Wahrheit. Man fragt sich zuerst, ob zwischen Boot und Land wohl
irgendwo noch ein Schlupfloch sein wird, durch das man wieder an die Luft
kommen wird, was man tut, wenn dort keins ist und erinnert sich zweitens
an das, was man vor Jahren in einem Langtursstyrmands – Kurs gelernt
hat: „ Als erstes: Ruhe bewahren“. Nachdem
Iris nach dem Auftauchen kurz nachgezählt hatte, dass sich 5 Menschen an
Land gerettet hatten, sammelte sie die mit ihr flussab treibenden Packsäcke
ein und durfte dabei noch zwei weitere Behauptungen widerlegen: 1) 12 Grad
müssen sich nicht kalt anfühlen und 2) man kann auch mit 4 Schichten
Klamottten gut schwimmen. Als
alle wieder festen Boden unter den Füßen hatten, zitierte Gudrun
denselben „Hart - aber herzlich“ - Kurs: „Was haben die Dänen uns
beigebracht, was man als erstes tut ? Zuerst macht man Meldung.“ Schön, dass es Handys gibt und noch schöner, dass sie in wasserdichten Packsäcken trocken und funktionstüchtig bleiben. Während
die so herbeigerufene Polizei (mehr dazu unter Gesetzeshüter)
gemeinsam mit einigen Bauern und der halben Mannschaft Harry, der über
eine Stunde unter dem Baum in der Gegenstromanlage ausgeharrt hatte, aus
dem Wasser zog, rannten Bernd, Lutz und Iris hinter Nautis Wrack her, das
sich mittlerweile losgerissen hatte und kieloben noch zwei weitere
Stromschnellen mitnahm. Die Motivation war immens, denn in ihm waren
Bernds und Stefis gesamte Wertsachen festgemacht. Nach
zwei Kilometern hatten sie ihn wieder gefunden, Lutz und Iris sprangen
hinterher – nass waren sie ja noch – bargen Geld, Autoschlüssel,
Papiere etc. und befestigten Nauti am gegenüberliegenden Ufer, während
Bernd zurück rannte, um Stefi die frohe Botschaft zu überbringen. Von
dort konnte Nauti dann später, nachdem man mit Hilfe der Polizei auch
noch den Hänger herbeigeholt hatte, abtransportiert werden. Wie Nauti ans
rechte Ufer gekommen war, wo man doch am linken gestrandet und am linken
hinter ihm her gelaufen war, war nicht die einzige Frage, über die Hans
– Hermann noch längere Zeit nachgrübelte.
Man
wird es nicht für möglich halten, aber wir brauchten, obwohl einige
spontan beschlossen, nie wieder in ein Ruderboot zu steigen, nur bis zum
Abendessen, („Können wir bei ihnen auch mit feuchtem Geld
bezahlen?“), um uns einig zu sein, dass
wir nach einem Tag der Rekonvaleszenz (Nasse Ruderkleidung, blaue Flecken
und Angst) die Wanderfahrt fortsetzen wollten. Ab Bamberg dann in dem
Vierer, den wir eigentlich für den Rhein - Marathon mitgenommen hatten. Bliebe
noch zu erwähnen, dass
wir an einem Deichbruch gescheitert waren, der dazu geführt hatte, dass
der Main sich einen neuen Weg gesucht hatte und das ursprüngliche
Bachbett trocken gefallen war. Wie wir später (zu spät !) erfuhren,
waren ihm außer uns zuvor mindestens
zwei weitere Boote zum Opfer gefallen. Und
dass wir natürlich die Elfstedentocht in Harry, an dem zunächst nur
(!!!) ein Ausleger zu ersetzen war, absolvierten. Baumgarten und Partner
waren darüber hinaus so freundlich, die unbequemen Rollsitze
umzutauschen. Entgegen ersten Befürchtungen konnte Nauti von den fachkundigen Mitarbeitern der Gehrmann Werft repariert werden, so dass sich auch der (materielle) Gesamtschaden in Grenzen hielt. |
Das
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"De Ole Kassen" Die
Abenteuer des Willem van der Waterkant