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„Inter – National“: Wesermarathon 2008, man sieht sich

 

 

Schon seit Jahren kreiste ein vager Wunsch durch diverse Rudererhemisphären: Weser-Marathon! Für einige war es eine schöne Erinnerung und gefühlte 25 Jahre her, für andere das erste Mal.

Da das Veranstaltungsmanagement im BRV in den letzten Jahren diesen und jenen Umständen zum Opfer gefallen, hatte ich mehrfach an meiner rudersportlichen Wiege, dem RVFG in Kassel, gerüttelt und dort Entwicklungshilfe angeboten. Vergeblich. Denn den einen war die Strecke viiiiiel zu lang und den anderen das bloße Herumrudern ohne Zeitnahme zu trivial und eine Strecke von mehr als 2000 m ebenfalls viiiiiel zu lang.

Doch 2008 sollte alles ganz anders kommen: Zunächst fand die wenig verlockende Ausschreibung (der Vorstand lade ein, aber man möge sich selbst organisieren) an unserem schwarzen Brett wenig Beachtung. Andererseits: Jörg wollte schon gern mal die Weser offiziell und ohne Wolkenbruch fahren, ich sowieso (obwohl... was war denn nun mit Kassel ?) und Bernd war jedes Mittel recht, so lange er nicht zu steuern brauchte. Eigentlich.

Die Einladung (so man sie denn so nennen mag) hing und hing und ...

Für drei Leute sich organisieren, ein Boot nach Hann. Münden karren, bei den Benzinpreisen, ... hmmmm ?!

Doch da platzte eine Mail vom Ex-Kasseler Thomas (alias Spass – Habbe) herein: Er und seine Berliner wollten die Fulda bereisen und am Wesermarathon teilnehmen.

Das eröffnete völlig neue Perspektiven. Bevor nun aber Material gegen Know-how getauscht werden konnte, konnte Hans-Hermann in Österreich aufgetrieben werden und wollte auch gern teilnehmen und dann trug sich auch noch Lutz ein. Lutz wiederum kündigte das Erscheinen der Ex-Bremerhavener Meike und Maren an, die mit ihrer Essener Crew anreisen wollten ... und vielleicht ein paar Ruderplätze frei oder ein paar Ruderer zu viel hätten.

Alles klar ?!

Wir entschieden uns nun, das Berlin-Essen-Kassel-Bremerhaven – Wirrwarr zu beenden und ganz artig und offiziell mit unserem Vierer anzureisen. Dass auch Karin mit ihren Rendsburgern im Anmarsch war, wussten wir gar nicht.

Thomas übernahm die Anmeldung, in der Hoffnung mit einer Truppenstärke von 15 in einem Klassenraum und nicht in der Sporthalle einquartiert zu werden. Seiner Kindheitserinnerung, dass man doch eigentlich in einem Schulzimmer viel besser schläft als in einer Turnhalle, mochten wir nicht widersprechen.

Am 3. Mai reisten die vier Herren mit Willy Perkuhn von Norden aus an und ich kehrte aus München zurück. Verabredet waren wir an der Jugendherberge, traditioneller Startpunkt des BRV über Jahrzehnte.

Schnell war das Boot abgeladen und aufgeriggert und das Warten auf Godot begann. Ich war mir (eigentlich) (ziemlich) sicher, Thomas gemailt zu haben, dass wir gegen 15:00 Uhr in HMÜ sein würden und wir dann telefonisch Kontakt aufnehmen könnten, und staunte deshalb nicht schlecht, dass Thomas sein Handy ausgeschaltet hatte.

Um nicht tatenlos herumzusitzen, fuhren nach längerem Warten Bernd, Hans-Hermann und ich zum Tanzwerder. Ich bekam zu meiner Verwunderung ohne Probleme die von Thomas bestellten Startkarten und Instruktionen bezüglich der Turnhalle, während Bernd und Hans-Hermann sich die ersten 1500 der am nächsten Tag benötigten 4000 Kalorien einverleibten und Maren auftrieben.

Da von den Berlinern immer noch nichts zu sehen war, statteten wir noch dem Weserstein einen Besuch ab und wunderten uns auf dem Weg ein bisschen über das Aufgebot an Polizei, Sanitätern und Feuerwehr, die gerade ein aufblasbares Wigwam abbauten.
Gerade als wir beschlossen hatten, den Rest der Mannschaft, die vorsichtshalber an der Jugendherberge gewartet hatten, nachkommen zu lassen („Sag Lutz, das ist da, wo wir vorhin schon mal versehentlich waren“), um schon einmal die Schule zu besetzen, tauchten auf der Fulda Ruderboote auf. Ha ! Da war die Astoria - Flotte und Thomas erklärte um mittlerweile 17:00 Uhr: „Ich dachte, wir sind so früh, da brauchen wir nicht zu telefonieren.“

Angesichts der Tatsache, dass die Berliner ihren Bulli und Anhänger noch in Kassel stehen hatten und wir noch ein Fahrzeug nach Holzminden vorziehen wollten, war „früh“ gewissermaßen eher als etwas relativ anzusehen.

So trennten sich zunächst unsere Wege. Essen verschwand, Berlin organisierte sich, wozu gehörte, das Thomas jetzt sein Handy anschaltete und mich im 30 Minuten-Takt über seinen neuen Standpunkt unterrichtete, und drei Bremerhavener juckelten mit 2 Autos nach Holzminden um dort den Hänger und mein Auto für den Rücktransport am nächsten Tag zu deponieren.

Als wir den Hänger dort in die letzte Lücke bugsiert hatten und gerade zurückfahren wollten, klopfte ein verschwitzter junger Mann in recht spärlicher Bekleidung an die Scheibe. Es war ein verspäteter Gespannfahrer aus Rendsburg/Eckernförde, der den letzten (vermutlich einzigen) Bus der Veranstaltungsleiter zurück nach HMÜ knapp verpasst hatte und sich sehr freute, dass auch die Bremerhavener wieder mal spät dran waren. Während er sich am Benzinpreis - Memory (Ich: „Ich weiß, wo wir am billigsten tanken. Mir war so langweilig, da hab ich die Preise auswendig gelernt, aber die für Benzin“ Er: „Macht nix, ich für Diesel“) noch emsig beteiligte, löste unsere Planung einer Gruppensitzung unserer Handpuppen dann doch Unsicherheit aus und er telefonierte mit seinen Lieben. Dabei stellte sich heraus, dass es Hans-Hermann und Bernd gelungen war, uns für die verbeleibenden 2500 Kalorien einen Tisch in einer Pizzeria zu organisieren, in der auch unserer Freunde aus Essen und Rendsburg sein würden.

Die Berliner okkupierten die andere Pizzeria, wurden dort auch nicht glücklicher, aber genauso satt wie wir. Wie wir feststellten, war die Altstadt bereits an diesem Abend so klein, dass ich ohne Mühe mehrfach zwischen den beiden Gruppen pendeln konnte.

Da die Nacht sehr früh vorbei sein würde, gingen wir direkt nach dem Essen, also gegen Mitternacht, sofort schlafen.

Vier Stunden später war die Nacht vorbei. Wecker klingelten, Handys jubilierten, Sirenen heulten , ... äh ... Sirenen ? Eine ungewöhnliche Maßnahme, auch wenn sich ca. 1600 Wassersportler nebst Servicepersonal und Schlachtenbummlern in der Stadt befanden.

Nach einem stilvollen Frühstück fuhren wir zum Start und stellten fest, dass es sich doch wohl nicht um einen kollektiven Weckruf gehandelt hatte, sondern die Altstadt gerade noch etwas kleiner wurde.

 

Wir hatten uns Sorgen gemacht, dass wir vielleicht gar nicht gleich auf´s Wasser gehen konnten, weil uns diverse Teams zugeparkt hatten, mussten aber feststellen, dass die ihrem Ziel, um 6:30 abzulegen offenbar etwas näher gekommen waren als wir. Alle weg ! Na, fast alle. Lutz verhalf noch einer HiFi- verstärkten Tupperschüssel zu einem Turbo-Start und dann reihten auch wir uns ein.
In meiner Erinnerung war die Dichte an Booten aller Art bei früheren Veranstaltungen auf den ersten 30 km so hoch, dass man trockenen Fußes die Weser hätte überqueren können. Doch mittlerweile waren es nur noch halb so viele Teilnehmer und wir waren recht spät dran, so dass ich mich eigentlich nur darauf konzentrieren musste, im dichten Nebel keine Mitfahrer zu klatschen.
Ich bat den Bugmann um Unterstützung, doch der war bereits wieder eingeschlafen.

 

Wie nicht anders erwartet drückte nach ca. 20 km eine Blase. Nach kurzem Abschlagen und Rasten legten wir wieder ab und ich durfte mich endlich warm rudern. 5 Grad kalter und nasser Fahrtwind hatte sich ziemlich schattig angefühlt.

 

Nun lichtete sich der Nebel und wir steuerten bei milden Temperaturen Bad Karlshafen an. Dort trafen wir den einen Berliner Vierer wieder, der andere trieb vorbei, so dass wir davon ausgehen durften, in Holzminden relativ zeitgleich den gemeinsam organisierten Fahrdienst auf den Weg schicken zu können.

 

Wir hatten ja schon über die Hälfte geschafft. Erneut war ein Steuermannswechsel angesagt. Nun steuerte Lutz uns an Beverungen, dem Ziel der Bronze-Etappe vorbei. Der etwas träger werdende Strom und die zunehmenden Temperaturen, die häufigere Trinkpausen nötig machten, ließen uns etwas langsamer vorankommen.
Doch dann waren es noch ein letzter Steuermannswechsel und ein paar Kilometer vorbei an Schloss Fürstenberg, Höxter, Schloss Corvey und schon kam die Straßenbrücke in Holzminden und das Ziel in Sicht.
Wenige Minuten nach uns legten die Berliner an, und Bernd und Hans-Hermann machten sich mit zweien von ihnen auf den Weg nach HMÜ, der sich aufgrund des Feiertagsverkehrs und einer unfallbedingten Vollsperrung ein bisschen länger hinziehen sollte.

Den Zurückgebliebenen blieben insgesamt vier Stunden, um die Boote abzuriggern und aufzuladen, sich zu stärken, Pläne für weitere Wanderfahrten innerhalb des magischen Dreiecks Essen – Bremerhaven - Berlin zu schmieden und sich an den Anlegemanövern diverser Mitfahrer zu ergötzen.

 

Ich möchte anmerken, dass wir von keinen aggressiven Buhnen angegriffen wurden, mir die Veranstaltung mit dieser Mannschaft insgesamt sehr viel Spaß gemacht hat und ich mich sehr gefreut habe, Ex-Kasseler und Ex- und Gast - Bremerhavener aus halb Deutschland wiederzusehen.

 

Ich möchte auch nicht verschweigen, dass, während wir uns vergnügt diesem Event hingaben, am Tanzwerder ein Paddler ertrank, bei einem Großbrand in Hann. Münden 6 Menschen verletzt und 7 Fachwerkhäuser zerstört wurden und zwei Menschen auf der auf der Bundesstraße 80 zwischen Reinhardshagen und Oberweser ihr Leben ließen. Alles haben wir nur am Rande mitbekommen und nicht angemessen gewürdigt.

 

  Mein letztes Bild möchte ich ausdrücklich unserem Ruderwart widmen:  
   

 

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